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Kinder können Ordnung - Teil 1

Kinderzimmer und Ordnung erscheinen uns manchmal wie Gegensätze. Als sei es ein Gesetz der Natur, dass Kinder nach Chaos streben, aber dem ist nicht so. Ganz im Gegenteil. Gib mir einen Moment Zeit und ich werde dir zeigen, warum Kinder ordentlich sind, ordentlich sein sollten und ganz besonders: wie du deine Kinder zu mehr Ordnung motivieren kannst.

Fangen wir ganz einfach mit der Tatsache an, dass in uns allen eine Ordnung steckt. Das Sammeln und Sortieren ist Teil unserer menschlichen Natur. Kleine Kinder, die im Wald Tannenzapfen sammeln, stapeln sie an einer Stelle gemeinsam auf. Sie bewahren vielleicht ihre Murmeln und Steinchen und in einer besonderen Schatzkiste auf. Spielzeuge, bei denen das dreieckige Teil durch das dreieckige Loch passt, profitieren genau davon, dass wir ganz intuitiv versuchen, uns die Welt zu ordnen. Versuche doch einmal wahrzunehmen, wo dein Kind überall ganz eigene kleine Ordnungssysteme schafft.

Wir erschließen uns die Welt und alles darin, indem wir sie in Kategorien unterteilen. Wie wir ordnen und kategorisieren ist allerdings für jeden anders. Kleine Kinder denken in sehr anderen Kategorien als wir Erwachsenen. Unsere Erfahrung schafft uns Referenzen zum Ordnen unserer Dinge, beispielsweise können wir ein Bücherregal alphabetisch nach Autoren sortieren, da wir zum einen erkennen, wo der Autorenname zu lesen ist, und zum anderen das Alphabet kennen. Ein Kleinkind kann das nicht. Ihm müssen wir auf seinem Level begegnen, wenn wir eine Ordnung einführen wollen. Kleinkinder können in Kategorien denken, die ihnen bereits mehrfach begegnet und aufgefallen sind, z. B. Farbe, Größe oder Form.
Kleine Kinder können sehr gut Dinge einer Art zu ihresgleichen sortieren, solange man diese für das Kind ersichtlich präsentiert. Beispielsweise kann man eine Kiste für Lego-Klötze, eine für Barbie-Puppen und eine für die Holz-Eisenbahn anlegen. Das sind Kategorien, die ein Kleinkind, das damit spielt, gut unterscheiden kann.
Aber damit ist es noch nicht getan, denn um diese Ordnung zu erkennen und einzuhalten, muss dein Kind sie wahrnehmen (nicht nur gesagt bekommen). Die einfachste Lösung hierfür sind durchsichtige Kisten, bei denen ohne Nachdenken ersichtlich ist: Hier wohnen die Kuscheltiere. Eine gute Alternative ist ein Bild, das vorne an der Kiste angebracht wird, auf dem ein Foto des Inhalts oder vielleicht ein vom Kind gemaltes Bild dessen zu sehen ist.
Und der letzte Punkt ist die Erreichbarkeit. Wenn das Kind gut an die Kisten herankommt, dann kann es die Ordnung besser einhalten als wenn die Kiste jedes Mal irgendwo heruntergeholt werden muss.
Kurzum:
Ordnungssysteme für kleine Kinder müssen für die Kinder logisch kategorisiert, klar ersichtlich und erreichbar sein.


Mit der Zeit ändert sich in den meisten Kinderzimmern so einiges. Die Kinder bekommen vielleicht einen Schreibtisch, ziehen aus dem geteilten Kinderzimmer in ein eigenes um, bekommen einen Computer oder eine Konsole, haben einen Käfig oder ein Aquarium im Zimmer und und und... In jeder Familie ist es anders, aber eines ist bei vielen gleich: Der Kram vermehrt sich.
Dem Ansammeln von Spielzeug ist nur schwer entgegenzuwirken, denn zu jedem Geburtstag, Ostern oder Weihnachten kommen tendenziell neue Spielsachen dazu, ganz zu schweigen von den Büchern, Mal- und Bastelsachen, Erinnerungsstücken und Schulsachen. Das stellt jeden Haushalt erst einmal vor eine Herausforderung, denn all das ordentlich unterzubringen ist keine leichte Angelegenheit. Wer anerkennt, dass so eine große Menge an Dingen schwer handzuhaben ist, der sollte sich einmal überlegen, wie es dem Kind damit geht. Denn in vielen Fällen hängen unsere Kinder sehr an ihren Kostbarkeiten, wissen sie nicht zu bändigen und bekommen von uns (Eltern, Lehrern, ...) die Verantwortung für ihre (Un-)Ordnung zugeschoben. Gerade wenn weitere Belastungen und Verantwortungen dazukommen (durch Schule, Familie oder Umfeld), kann einen das ganz schön überfordern. Wie also helfe ich meinem Kind am besten?

Ich finde es wichtig zu wissen, dass das Aufräumen - wie so vieles andere auch - eine erlernte Tätigkeit ist. Und wie so oft ist auch die Idee "Was ist Aufräumen?", die Notwenigkeit "Warum Aufräumen?" und die Beziehung dazu "Wie empfinde ich Aufräumen?" etwas, das ein Kind mit der Zeit erst lernt. In Kindergärten gibt es viele Ansätze, die Kleinen an Ordnung zu gewöhnen, wie z. B. die Garderobe. Aufräumen wird in Kita und Schule viel praktiziert und oft auch mit Spaß verbunden, denn Kinder haben (wie Erwachsene) eine Freude an Sortierung und Ordnung. Zuhause sollte also möglichst genauso angeregt und angeleitet werden, ohne das Ganze mit negativen Einstellungen (oder Strafen und Drohungen) zu verbinden. Mit diesem Wissen im Hinterkopf können wir es unseren Kindern in Zukunft sehr erleichtern, Ordnung zu halten, indem wir sie schon früh zum Aufräumen motivieren, dessen Sinn und Ergebnis erläutern und ganz einfach: indem wir es vormachen.


Was also ist der Sinn von Aufräumen für ein Kind? Ja, prinzipiell geht es um Ordnung, aber da steckt viel mehr dahinter, als man auf den ersten Blick meint. Ordnung soll schön sein ("Dein Kinderzimmer wird super aussehen danach."), aber es geht auch um Übersicht ("Dann findest du wieder alle deine Puppen."), um Praktikabilität ("Dann kommst du an alles gut heran und es kann keiner mehr stolpern.") und um Wohlfühlen ("Das wird wieder richtig gemütlich sein.").
Genauso kommt viel Negatives von Unordnung. Ein unordentlicher Schreibtisch lenkt vom Lernen ab, Unordnung vor dem Bett kann das Einschlafen erschweren, es können ungesehene Dinge kaputt gehen oder eine Verletzungsgefahr sein, Unordnung kann uns nervös machen und uns Kraft rauben, ohne dass wir es merken, durch ein schlechtes Gewissen und ein Gefühl der Überforderung...

Es ist also wichtig, sich in sein Kind hineinzuversetzen, es zu verstehen und mit ihm zu reden - über sein Zimmer, seine Verantwortung, über Ordnung und Unordnung und über seine Gefühle. Hör gut zu, denn oft haben Kinder und Jugendliche Gefühle und Ideen, die uns Erwachsenen so nicht in den Sinn gekommen wären. Aufgaben(-bereiche), Verantwortung und deren Sinn und Herangehensweisen sollten im Idealfall immer gemeinsam besprochen und festgelegt werden.

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