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Hamstern ist menschlich

Seit den Weltkriegen und der Weltwirtschaftskrise der 1920er/30er-Jahre versucht unsere Gesellschaft vorbereitet zu sein für jeden erdenklichen Fall. Das fängt an bei den vielfachen Bohnendosen für den Fall, dass Nichts mehr zu Essen im Haus ist, und führt bis zu den obskuren Dingen, die sich in Keller und Dachboden stapeln und unter Staub begraben liegen. Vielleicht ist es ein zweiter Fondue-Topf. (Wann hattest du das letzte Mal 20 Gäste zum Fondue essen bei dir und konntest von keinem der Gäste einen geeigneten Topf leihen?) Vielleicht ist es ein original-verpacktes Reise-Bügeleisen, was praktisch sein mag, das du aber nie benutzen würdest.

Ein kleiner Zeitsprung: Die Weltwirtschaftskrise begann mit einer rasanten Inflation, ähnlich der heutigen. Wenn Dinge immer teurer werden, wird gespart und genutzt, was man hat, und insbesondere trennt man sich nicht leicht von seinen Dingen, da man sie unter Umständen nicht so leicht wieder bekommt. Auf die Krise folgte der zweite Weltkrieg, der besonders in Deutschland zu viel Knappheit und Armut führte. Die Generation „Kriegskinder“ wuchs auf in einer Welt, in der es überlebenswichtig sein konnte, noch ein paar Dosen Bohnen zu besitzen. Es ist die Generation, die Kaputtes aufhebt, um es irgendwann einmal zu reparieren. Was ohne Frage sinnvoll ist. Der heutige Umgang mit Dingen – besonders im Hinblick auf Nachhaltigkeit – ist ernsthaft zu hinterfragen. Schließlich folgte das „deutsche Wirtschaftswunder“ und später das breite Angebot und die allgegenwärtigen Schnäppchen der 2000er. Die Folge: Wenn jeder es wertschätzt, sich Dinge leisten zu können, und zeitgleich ebendiese Dinge behutsam lagert, dann führt das mit der Zeit zum Hamstern im großen Stil.

Wer aufwächst mit dieser Wertschätzung für Gegenstände, dem kann es nicht leichtfallen, sich ab und an von seinen Dingen zu verabschieden. Egal, wie gut es einem tut, es ist nie leicht, seine Besitztümer gehen zu lassen. Letztlich stammen wir doch alle von Jägern und Sammlern ab...


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